Verpflichtung zur Bildung von Arbeitsschutzausschüssen in Betrieben

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil, Az. 8 C 4.23 vom 01.02.2024 folgendes entschieden:

Leitsätze:

1. Betrieb im Sinne von § 11 Satz 1 ASiG ist eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (vgl. BAG, Urteil vom 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - BAGE 133, 1 Rn. 25; BSG, Urteil vom 26. Juni 1980 - 8a RU 106/79 - BSGE 50, 171 <172 ff.>). Dies erfasst auch qualifizierte Betriebsteile im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 1989 - 2 RU 10/88 - juris Rn. 19).

2. Die Behörde, die den Erlass einer Verfügung nach § 12 Abs. 1 ASiG beabsichtigt, hat zuvor den nach allgemeinen Regeln für die Angelegenheit zuständigen Betriebsrat des betroffenen Unternehmens gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 ASiG anzuhören.

3. § 46 VwVfG ist auf Verstöße gegen die Anhörungspflicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 ASiG anwendbar.

 

Auszug aus den Gründen:

Rn.15

"[...]

Die Vorschrift verwendet zur Beschreibung der organisatorischen Einheiten, in denen Arbeitsschutzausschüsse gebildet werden müssen, den betriebsverfassungsrechtlich geprägten Begriff des Betriebs. Die Systematik des Arbeitssicherheitsgesetzes streitet ebenfalls für dieses Begriffsverständnis. § 8 Abs. 3 Satz 2 ASiG regelt, dass das Vorschlagsrecht der Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit für arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahmen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 ASiG vom leitenden Betriebsarzt oder einer leitenden Fachkraft für Arbeitssicherheit ausgeübt wird, wenn eine solche für einen Betrieb oder ein Unternehmen bestellt ist. Die alternative Verwendung der Begriffe Betrieb und Unternehmen zeigt, dass der Gesetzgeber des Arbeitssicherheitsgesetzes Unternehmen, die mehrere Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes umfassen, nicht als Betrieb im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes ansieht. Andernfalls hätte er Unternehmen in § 8 Abs. 3 Satz 2 ASiG nicht ausdrücklich erwähnen müssen. Die den Arbeitsschutzausschüssen vom Gesetzgeber zugedachte Funktion, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten, stützt das genannte Begriffsverständnis. Die Arbeitsschutzausschüsse tragen mit ihren Beratungen zur Fortentwicklung von Vorschriften bei, die dem Arbeitsschutz dienen. Diese Vorschriften sollen, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erreichen, den vor Ort bestehenden besonderen Betriebsverhältnissen angepasst werden (vgl. BAG, Urteil vom 15. Dezember 2009 ‌- 9 AZR 769/08 - BAGE 133, 1 Rn. 25). Das kann am besten gelingen, wenn die Organe, die über diese Anpassungen beraten, örtlich und nicht betriebsübergreifend oder gar unternehmensweit gebildet werden.

Rn. 17

"bb) Unter diesen Betriebsbegriff fallen auch Unternehmen, die die arbeitgeberseitige Leitungsmacht für arbeitsschutzrechtliche Entscheidungen zentralisiert haben. Das Ziel der örtlich angepassten Fortentwicklung von Arbeitsschutzvorschriften unter Mitwirkung von Arbeitsschutzausschüssen gebietet auch in diesem Fall die Bildung von Arbeitsschutzausschüssen auf Betriebsebene, weil es zur Erreichung des gesetzlichen Zieles der Aktivierung örtlichen Sachverstandes bedarf. Aus einer von der Klägerin beschriebenen Zentralisierung arbeitgeberseitiger Leitungsmacht in arbeitsschutzrechtlichen Fragen folgt in solchen Fallkonstellationen nicht, dass das gesetzliche Ziel schlechter erreicht werden kann, als bei Bildung eines unternehmensweiten Arbeitsschutzausschusses. Auch in solchen Fällen hat der Arbeitgeber gemäß § 11 Satz 2 ASiG durch seine persönliche Anwesenheit oder durch Anwesenheit eines Beauftragten seine Ansprechbarkeit für Anliegen des Arbeitsschutzes sicherzustellen. Im Übrigen bleibt es ihm unbenommen, auf zentraler Ebene zusätzlich einen entsprechenden Ausschuss einzurichten."

Hier geht's zur Entscheidung.

In dem Urteil geht es darum in welchen Betriebsteilen ein eigener Ausschuss für Arbeitssicherheit - kurz ASA - zu bilden ist. Das Gericht stellt dabei auf die einzelnen Betriebsstätten ab und nicht auf das gesamte Unternehmen um so einen bestmöglichen Schutz zu erreichen.

Vielleicht könnt ihr das Urteil mal mit in euren ASA nehmen und schauen, ob ihr die Anforderungen des Urteils erfüllt.